Die Weiterentwicklung der IV – die 7. IVG-Revision – tritt per 1. Januar 2022 in Kraft. Mit dieser Weiterentwicklung soll das System der Invalidenversicherung verbessert werden, indem die Eingliederung verstärkt und so einer Invalidisierung vorgebeugt wird.
Mit folgenden Zielen wird das Gesamtsystem der Invalidenversicherung verbessert
Für die unterschiedlichen Zielgruppen sind im Folgenden weitergehende Ausführungen zu finden.
Die neuen Bestimmungen ermöglichen es der IV, die Eingliederung zu fördern.
Die Liste der anerkannten Geburtsgebrechen wurde überarbeitet und auf
den neusten Stand gebracht. Neu sind bisher nicht enthaltene Erkrankungen
aufgeführt. Im Gegenzug sind einige Geburtsgebrechen, die dank des
medizinischen Fortschritts heute leichter zu behandeln sind, von der Liste
gelöscht worden. Sie werden künftig von der Krankenversicherung übernommen.
Im
Gesetz wird festgehalten, dass die medizinischen Massnahmen «wirksam,
zweckmässig und wirtschaftlich» sein müssen. Die neue
Liste bewirkt eine Angleichung an die obligatorische Krankenversicherung und
führt zu einem einfacheren Übergang von den Leistungen der IV zu jenen der
Krankenversicherung.
Junge Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen brauchen beim Übergang von der obligatorischen Schule in die erstmalige berufliche Ausbildung individuelle und gezielte Unterstützung. Mit folgenden Massnahmen sollen sie besser unterstützt werden:
Neu haben junge Versicherte ab Beginn der erstmaligen beruflichen Ausbildung
unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf ein Taggeld. Der Betrag entspricht
grundsätzlich dem Lohn von Jugendlichen in Ausbildung, die nicht gesundheitlich
beeinträchtigt sind. Das Taggeld wird an den Arbeitgebenden oder die
Ausbildungsinstitution ausgerichtet und von ihnen an die Jugendlichen
weitergeleitet.
Die erstmalige berufliche Ausbildung erfolgt so weit wie möglich im ersten Arbeitsmarkt. Eine Rente kann nur gewährt werden, wenn alle Eingliederungsmassnahmen ausgeschöpft sind. Die Beratung und Begleitung wird auch nach Ende der beruflichen Massnahmen, während der Rentenprüfung und bis zu drei Jahre nach Beendigung der letzten Massnahme fortgesetzt, um das Eingliederungspotenzial bestmöglich zu nutzen.
Die stärkere Zusammenarbeit mit den kantonalen Instanzen verhindert Schulabbrüche und fördert die Kontinuität bei der Betreuung durch die verschiedenen Akteure.
Personen mit gesundheitlichen und insbesondere psychischen Beeinträchtigungen brauchen Unterstützung, damit sie im Arbeitsleben verbleiben oder Eingliederungsmassnahmen erfolgreich abschliessen können. Um dieses Ziel zu erreichen, erweitert die IV ihr bestehendes Angebot mit neuen Massnahmen.
Unfalldeckung während einer Eingliederungsmassnahme
Versicherte, die eine Eingliederungsmassnahme der IV absolvieren, sind gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle versichert, sofern sie in einem arbeitsvertragsähnlichen Verhältnis stehen. Besteht ein Arbeits-, Lehr- oder Ausbildungsvertrag, ist die versicherte Person über den Unfallversicherer der Arbeitgebenden versichert.
Eingliederungsorientierte Beratung
Versicherte Personen, Arbeitgebende, behandelnden
Ärztinnen und Ärzte sowie die an der Ausbildung beteiligten Personen können bereits vor
Geltendmachung eines Leistungsanspruchs von einer reinen eingliederungsorientierten
Beratung der IV-Stelle profitieren.
Früherfassung
Eine Meldung zur Früherfassung kann noch rascher erfolgen. Alleine die Bedrohung einer längeren Arbeitsunfähigkeit versicherter Personen lässt eine Früherfassung zu.
Beratung und Begleitung
Künftig können Versicherte und ihre Arbeitgebenden diese Leistung sowohl vor als auch während und nach der Durchführung von Integrationsmassnahmen und Massnahmen beruflicher Art in Anspruch nehmen. Dies auch während der Phase der gesamten Rentenprüfung sowie bis zu drei Jahre nach Beendigung der letzten Massnahme.
Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung
Unter bestimmten Voraussetzungen können solche Massnahmen mehrmals zugesprochen werden, um den individuellen Bedürfnissen Rechnung tragen zu können. Der Beitrag an die Arbeitgebenden wurde ausgeweitet, unabhängig davon, ob die Massnahme im bisherigen oder in einem neuen Unternehmen durchgeführt wird. Parallel dazu können Coaching-Leistungen gewährt werden, wenn sie auf dem ersten Arbeitsmarkt erfolgen.
Personalverleih
Diese neue Massnahme erlaubt es den Versicherten, über einen Personalverleiher, zusätzliche berufliche Erfahrung zu sammeln um so ihre Beschäftigungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Zwischen der versicherten Person und dem Einsatzbetrieb muss kein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden. Mit dem Personalverleih können die Arbeitgeber zudem potenzielle Angestellte kennenlernen.
Taggelder der Arbeitslosenversicherung
Nach Ablauf des Rentenanspruchs verlängert sich die
Höchstdauer des Taggeldbezugs von 90 auf 180 Tage.
Unfalldeckung während einer Eingliederungsmassnahme
Versicherte, die eine Eingliederungsmassnahme der IV absolvieren, sind gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle versichert, sofern sie in einem arbeitsvertragsähnlichen Verhältnis stehen. Besteht ein Arbeits-, Lehr- oder Ausbildungsvertrag, ist die versicherte Person über den Unfallversicherer der Arbeitgebenden versichert.
Damit für Neurentenbezügerinnen und Neurentenbezüger ein Anreiz besteht, das Arbeitspensum zu erhöhen, wird ein stufenloses System eingeführt. Der Invaliditätsgrad bestimmt, wie hoch der Rentenanspruch ist.
Wie heute schon besteht bei einem Invaliditätsgrad unter 40 Prozent kein Anspruch auf eine IV-Rente. Ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent wird eine ganze Rente zugesprochen.
Invaliditätsgrad (in Prozent) | Rentenanspruch (in Prozent einer ganzen Rente) |
---|---|
40 | 25 |
41 | 27.5 |
42 | 30 |
43 | 32.5 |
44 | 35 |
45 | 37.5 |
46 | 40 |
47 | 42.5 |
48 | 45 |
49 | 47.5 |
50 bis 69 | 50 bis 69* |
70 bis 100 | 100 |
*Die Rente entspricht dem Invaliditätsgrad. Zum Beispiel: Ein Invaliditätsgrad von 54 Prozent ergibt einen Rentenanspruch von 54 Prozent.
Bereits laufende Renten werden nach dem neuen System berechnet, wenn sich bei einer Revision der Invaliditätsgrad um mindestens 5 Prozentpunkte ändert und wenn die versicherte Person bei Inkrafttreten der Gesetzes-änderung noch nicht 55-jährig war.
Die Renten von Versicherten unter 30 Jahren werden spätestens innerhalb von zehn Jahren, d. h. spätestens bis Ende 2031 ins stufenlose System überführt, sofern sie bis dahin nicht schon im Rahmen einer ordentlichen Revision angepasst wurden.
Verschiedene neue Instrumente verbessern die Transparenz und die Qualität der versicherungs-medizinischen Gutachten.
Neu erfolgt der Vergabe der bidisziplinären Gutachten nach dem Zufallsprinzip über eine Informatikplattform. Die von der IV beauftragten Sachverständigen werden veröffentlicht und enthalten verschiedene Informationen. Diese Informationen enthalten:
Zur Überwachung der Qualität wird eine speziell dafür gegründete eidgenössische
Kommission eingesetzt.
Alle Interviews zwischen den Sachverständigen und der versicherten Person werden mittels Tonaufnahme erfasst und im IV-Dossier aufbewahrt. Die versicherte Person kann von Beginn weg auf die Tonaufnahme verzichten oder deren Löschung verlangen.
Engere Zusammenarbeit mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten
Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte werden über die Angebote und Prozesse der Invalidenversicherung besser informiert. Ebenso erhalten die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Informationen über die Eingliederungsmassnahmen ihrer Patienten und Patientinnen. Um den Austausch zu erleichtern, werden die Mitarbeitenden der IV in gewissen Fällen künftig von ihrer Schweigepflicht entbunden.
Stärkere Zusammenarbeit mit Schulbehörden und der kantonalen Berufsberatung
Die Zusammenarbeit mit den Schulbehörden wird intensiviert, um insbesondere Kinder und Jugendliche in den für sie so wichtigen Übergängen I und II (Übergang I = Übergang von der obligatorischen Schulausbildung zur beruflichen Ausbildung; Übergang II = Übergang von der beruflichen Ausbildung zur beruflichen Erwerbstätigkeit) zu unterstützen. Dabei wird auch die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Berufsberatung des Kantons weiter verstärkt.
Erfahren Sie in knapp 2 Minuten mehr über unsere Unterstützung von Jugendlichen beim Einstieg ins Berufsleben.
Weitere nützliche Informationen rund um die
IV-Weiterentwicklung finden Sie auf der Webseite des Bundesamtes für
Sozialversicherungen.
Weiterentwicklung der IV